Häufig begegnen wir der Ansicht, daß erst Hitler die sogenannten
Sudetendeutschen in unsere böhmischen Länder geführt habe, und zwar im Jahre
1939. Diesen Unsinn glauben heute leidereine solche Menge von Menschen, daß es
an der Zeit ist, sich mit den geschichtlichen Tatsachen zu befassen.
Und die
sind folgende: Bereits im 12. Jahrhundert luden die herrschenden Premysliden,
die sich, nebenbei bemerkt, in der Mehrheit mit deutschen Töchtern der
Fürstengeschlechter vermählten, in unser Land deutsche Kolonisten ein, und zwar
in Gebiete, wo es damals nur Urwald und Ödland gab. Diese Gebiete wurden nach
und nach von diesen Kolonisten besiedelt, sie begannen sie zu bestellen und in
die Höhe zu bringen. In diesen Gebieten, die wir heute Grenzland nennen, aber
auch in verschiedenen "Inseln" (siehe z.B. Iglau oder Wischau) lebten diese
Menschen rund acht Jahrhunderte friedfertig und ihre Zahl betrug bis zum Ende
des Ersten Weltkrieges 3,5 Millionen, was mehr als 90 Prozent der gesamten
Bevölkerung dieser Gebiete, der sogenannten Sudeten, ausmachte. Bis zum Jahr
1918 war das ganze Land, also Tschechen und Deutsche, ein Teil von
Österreich-Ungarn.
Im Jahre 1918, nach Schaffung der ersten
tschechoslowakischen Republik, beriefen sich die hiesigen Deutschen auf das
Selbstbestimmungsrecht und wollten zusammen mit den österreichischen Deutschen
in das Deutsche Reich eingegliedert werden. Das wird ihnen häufig als Schuld
angelastet, aber vor allem sollte sich das tschechische Volk die Frage stellen,
ob es anstelle der Deutschen anders gehandelt hätte. Es wäre doch das erste
gewesen, das sich das Recht der Vereinigung mit seinen slawischen Brüdern
genommen hätte. Warum also wird dies heute den Deutschen zur Last gelegt?
Die
Siegermächte allerdings erlaubten diese Vereinigung nicht, weil sie fürchteten,
das Deutsche Reich könnte zu groß und stark werden. Sie schlugen daher die
Sudetengebiete dem neuen Staat, der tschechoslowakischen Republik zu. Damit
wurde den Sudetendeutschen das Recht aus Selbstbestimmung verweigert, und es
begannen weitere Probleme.
Die tschechoslowakische Republik war ein
ausgesprochener Nationalitätenstaat, aber die Führungsriege der tschechischen
Nation, vor allem der damalige Außenminister Edvard Benesch, versuchten die
Ansichten des Auslandes zu manipulieren, indem sie die statistischen Angaben
entstellten, Landkarten fälschten und so die Ansichte stärkten, daß die einzige
staatsbildende Nation die Tschechen seien. Dabei zeigten die statistischen
Angaben aus der Volkszählung des Jahres 1910 diese Tatsachen: 6,29 Millionen
Tschechen, 3,73 Millionen Deutsche, 1,77 Millionen Slowaken, 0,87 Millionen
Ungarn, 0,43 Millionen anderer Nationalität.
Damit ist klar bewiesen, daß die
Deutschen die zweitgrößte Nation der damaligen Tschechoslowakischen Republik
waren. Und so begann bereits damals ihre Verfolgung. Präsident Masaryk, selbst
ein Sohn einer deutschen Mutter und angeblich eines slowakischen Vaters, was
allerdings bis heute sehr umstritten ist, führte am 10.1.1919 aus: Im
übrigen bin ich überzeugt, daß diese Gebiete schnell entgermanisiert
werden.
In seinem Werk "Die Weltrevolution", Prag 1925, führt Masaryk
aus: Wir sind eine Rasse, die zum Herrschen bestimmt ist. Edvard
Benesch sagt das alles noch schärfer, wenn er z.B. im "Ceske Slovo" vom
29.10.1920 aufführt: ... daß den Deutschen kein Selbstbestimmungsrecht
gegeben werden darf, daß sie sich besser an Galgen oder Kandelabern aufhängen
mögen ...
Aber auch weitere Staatsorgane und -blätter drückten es
ungestraft nach dem Vorbild ihrer Führer aus: Die Deutschen müssten mit
der Peitsche über die Grenzen hinausgeprügelt werden. Die Aussage
erschien in "Zlata Praha" im Jahre 1919 bei Feiern des "Sokol". Die tschechische
Abgeordnete Zeminova sagte im Parlament wörtlich: Wir jagten euch und
werden euch weiter jagen. Diese Worte sind wiederum bestimmt für die
hiesigen Sudetendeutschen oder die böhmischen Deutschen. Ich meine, daß diese
Beispiele genügen.
Was folgte, ist allgemein bekannt: Schließung deutschen
Schulen in überwiegend deutschen Gebieten, Auswechseln von Staatsbeamten
deutsche Nationalität, Hinauswurf deutscher Angestellter, wenn sie ihre Kinder
nicht in tschechische Schulen schickten, die man sogar dort errichtete, wo in
einer überwiegend deutscher Stadt nur drei tschechische Kinder waren, Entziehung
der staatlichen Zustimmung für Bestellungen bei deutschen Fabriken im
Grenzgebiet usw.
Kann sich noch jemand wundern, daß die deutsche Minderheit
unzufrieden war, wenn z.B. im Grenzgebiet die größte Arbeitslosigkeit war, und
wenn mit dieser Politik der tschechoslowakische Staat die hiesigen Deutschen
Hitler geradezu in die Arme trieb? Schließlich glaubten sie damals seinem Wort,
daß er sie ins Deutsche Reich eingliedern würde, daß sie unter ihresgleichen
leben würden, daß sie Arbeit bekämen und in der Lage sein würden, ihre Kinder in
deutsche Schulen zu schicken. Wieder sollten sich die Bürger tschechischer
Nationalität in diese Situation versetzen und dich die Frage vorlegen, wie sie
anstelle der hiesigen Deutschen gehandelt hätten, wenn ihnen irgendeine
slawische Nation versprochen hätte, sie unter ihre Obhut zu nehmen, eventuell
Russland? Häufig wird auch die Aussage von Lord Runciman vergessen, der die
Aufgabe hatte, völlig neutral die Situation im damaligen Grenzgebiet zu
ermitteln, und der sagte, daß es herb ist, von einer fremden Nation
beherrscht zu werden, und daß sein Gesamteindruck der ist, daß das
tschechoslowakische Herrschaftsgebaren der letzten 20 Jahre in den
sudetendeutschen Gebieten die Deutschen zu offenem Protest treiben mußte.
Und Lord Runciman kann man wohl kaum irgendwelcher Sympathien für das deutsche
Volk verdächtigen!
Und so näherte sich München 1938. Und hier wird wiederum
häufig die Wahrheit entstellt. Als Benesch nach dem Bericht Runcimans an Neville
Chamberlain erkannte, daß dieser das ungeschmälerte Selbstbestimmungsrecht für
die Deutschen fordert, als er weiter erkannte, daß jetzt auch seine westlichen
Verbündeten ihn als politischen Bankrotteur bewerteten, änderte er schnell seine
Pläne. Über den Minister Necas, der eben in Paris verhantelte, ließ er
verlauten, daß er zu "kleinen Gebietsabtretungen" bereit wäre, unter der
Bedingung, daß das Deutsche Reich mindestens 1,5 bis 2 Millionen der deutschen
Bevölkerung übernimmt. Das alles allerdings sollte geheim geschehen, damit
niemand erführe, daß das sein Vorschlag sei! Die Franzosen und die Britten
erörterten diesen Vorschlag und übermittelten am 19.9. ultimativ der
tschechoslowakischen Regierung die Forderung auf Abtretung der sudetendeutschen
Gebiete. Diese stimmte dem am 21.9. zu, und General Syrovy bestätigte die Note
am 25.9.1938. Über Beneschs Anteil in dieser Angelegenheit weiß man entweder
nichts, oder man verschweigt es absichtlich.
Die Verjagung der deutschen
Bevölkerung, die im Jahre 1945 folgte, entsprang wieder ausschliesslich dem Kopf
von Edvard Benesch. Es war nicht so sehr Rache der einfachen tschechischen
Menschen, sondern wurde langfristig vorbereitet und geplant von politischen
Kreisen um Benesch, und es wurde nicht wenig Mühe aufgewendet, für diesen Plan
die Mehrheit der tschechischen Bevölkerung zu gewinnen. Menschen, die sich an
der Vertreibung beteiligten, waren vornehmlich motiviert von der legalisierten
Möglichkeit, deutsches Eigentum zu rauben. Weitere waren die, die selbst etwas
zu verbergen hatten, und die sich dann an Massakern zuerst der deutschen
Bevölkerung beteiligten und später an eigenen, tschechischen Menschen in den
kommunistischen Konzentrationslagern.
Und noch ein paar abschließende Worte
zu der Unwahrheit, die ebenfalls tradiert wird, daß nämlich tschechische
Einwohner nach der Besetzung des Sudetenlanden durch Deutschland aus ihren
Häusern vertrieben worden seien. Niemand wurde vertrieben, jeder, der wollte,
konnte bleiben, auch auf Dauer. Diejenigen, die weggingen, taten es vor allem
aus zwei Gründen: der erste war, daß es sich um Regierungsbeamte handelte, die
verständlicherweise ins Inland zurückkehrten, also dahin, woher sie gekommen
waren; der zweite Grund war die Furcht einiger Tschechen vor dem Leben mit den
Deutschen unter dem Hitlerregime. Wohl, weil sie dachten, daß ihnen
zurückgezahlt würde, was sie selbst oft den Deutschen angetan hatten. Deshalb
die Flucht ins Inland. Ich kenne selbst viele Familien, ausgesprochen
tschechischen Ursprungs, die auch nach dem Jahre 1938 im Grenzgebiet blieben,
und niemand hat sie verjagt, im Gegenteil, sie lebten weiterhin in ihren Häusern
und hatten die gleiche Arbeit wie vorher.
Das tschechische Volk berief sich
einerseits auf historisches Recht, also das Recht auf die Unteilbarkeit
der böhmischen Länder, womit sie den Anspruch auf die Sudeten stützten. Aus der
anderen Seite berief es sich auf das natürliche Recht der Slowaken auf
die Selbstbestimmung, das wiederum im Wiederspruch zum historischen ungarischen
Recht stand. Ungarn hatte nach diesem Recht einen legitimen Anspruch auf die
Slowakei. erneut eine Doppelzüngigkeit, mit der sich unser Staat bis heute nicht
ausgeglichen hat, erneut zweierlei Maßstäbe. Denn der tschechoslowakische Staat
entstand als Nationalstaat nur, weil man die Fiktion des Tschechoslowakismus
schuf, und weil das historische Recht der Ungarn bestritten und den
Sudetendeutschen das Selbstbestimmungsrecht verweigert wurde.